Stumpfes Auswendiglernen im Studium? Null Praxisbezug? Frontalunterricht als wäre es 1965? Wenn Du auch das Gefühl hast, dass Bildung heute anders aussehen muss, ist dieser Blogbeitrag für Dich.
Ich heiße Michael Wihlenda und ich bin der Initiator der World Citizen School. Seit über zehn Jahren beschäftige ich mich mit dem Schaffen neuer Lernräume und dem Verändern unserer (Hochschul-)Bildung. Dabei geht es mir darum, Schüler*innen, Studierende und Lehrende zu begeistern, zu motivieren und ihnen zu zeigen, wie sie gemeinsam werteorientiert und projektbasiert arbeiten und lernen können. Sinnstiftend, praxisbezogen, vorbereitend auf die Herausforderungen der Zukunft.
Meine persönliche ‘transformierende Lernreise’ hat, wissenschaftlich korrekt ausgedrückt, mit dem Tag meiner Geburt angefangen. Bewusst wurde mir dieser Umstand aber erst, als ich selbst einschneidende Transformationen erlebt habe UND mir im Laufe meines Lebens – das war im Nachhinein sehr wichtig – unterschiedliche Menschen erzählt haben, dass die Welt ständig im Fluss ist. Die ersten Stimmen, an die ich mich erinnere, waren eher philosophische. Eine prägende Stimme der letzten Jahre ist die meines ehemaligen Mentors und heutigen Kollegen und Freund Raban Fuhrmann. Meine eigenen Transformationen waren für mich echte Wendepunkte in meinem Leben – Bildungswissenschaftler*innen nennen es auch oft “Brüche” oder “Übergänge”. Diese Wendepunkte sind subjektiv manchmal eher sanft z.B. wenn man weiß, dass man aus der ‚alten Schule‘ jetzt auf eine neue, höhere Schule wechselt. Sie können aber auch hart sein, wenn man z.B. auf eine ‚niedrigere Schule‘ wechselt oder aufgrund von Mobbing gezwungen ist, die Schule oder den Arbeitgeber zu wechseln.
Eine meiner persönlichen Krisen war mein Frust und Hadern mit meinem VWL-Studium. Eine Antwort auf die Frage, wozu wir Wirtschaften, konnte oder wollte mir niemand geben. Den einschneidenden Wendepunkt gab mir mein freiwilliges Engagement in einer studentischen Initiative. Durch das Engagement konnte ich mich von der empfundenen Unfreiheit meines Studiums befreien und meinen beruflichen Lebensweg neu denken und gestalten.
Krisen als Chance
Entstehen Krisen, spüren wir den Drang nach Veränderung und machen uns diesen Wunsch bewusst(er). Wir denken nach und verändern damit unsere Einstellungen und Sichtweisen.
Was brauchen wir nun aber, um unsere eigenen Wendepunkte selbst gestalten zu können? Mehr noch, um das, was gesamtgesellschaftlich auf uns zu rollt, gemeinsam zu bewältigen, also nicht nur individuell gut zu leben, sondern auch kollektiv? Mit Kant gesprochen: Wie können wir selbstbestimmt sein und dennoch unsere Pflicht wahrnehmen, unsere Welt so zu gestalten, dass es uns allen gut geht?
Was wir brauchen ist Freiheit, Verantwortung und Wissen um die eigene Selbstwirksamkeit. Wir benötigen Vorstellungskraft und Sinnzusammenhänge, um mögliche Lösungen für unsere und die Probleme unserer Umwelt zu finden. Darum geht es für mich in der transformierenden Lehre. Es geht um die Verantwortung für das eigene Leben, für die eigenen Lebensinhalte, die eigenen Handlungen, und dabei auch immer um Verantwortung für andere, für das gemeinsame zukünftige Leben mit und für die Gemeinschaften, Teams, Organisationen und vielfältigen Gesellschaften, in denen wir leben und in denen wir uns engagieren.
Unsere Lebenswelt ist im Fluss wie unser Geist. Transformierende Lehre basiert auf einer Prozessphilosophie, die uns aus der Vergangenheit lernen, die Gegenwart verstehen lässt und unsere Sinne für die Zukunft schärft. In ihr geht es weniger um das Lehren „über“ Themen, sondern mehr um das Lernen „durch“ Lebenserfahrung und durch das Tun. Es geht also nicht nur um die Ausbildung der Urteilskraft, sondern ganz besonders um unsere Gestaltungskraft. Es geht um Praktiken, Lebenswelten und Veränderung. Transformierende Lehre stärkt die eigene Selbstwirksamkeit und die gemeinsame Weltwirksamkeit. Sie ist damit ein Querschnittsthema für Lernansätze der Entrepreneurship Education, der Bildung für nachhaltige Entwicklung, Social Innovation Education und Global Citizenship Education. Diese Ansätze sind ein guter Nährboden für die Ausbildung Deiner und unserer gemeinsamen Gestaltungskraft.
Im Rückblick auf meine VWL-Krise wird mir heute klar, dass ich damals im studentischen Engagement mit meinen Kommiliton*innen lernen konnte, was ich wissen wollte. Gemeinsam haben wir uns auf den Weg gemacht, das zu verändern, was wir im Studium für falsch hielten. Schließlich habe ich erfahren, wie es ist, weitere Kommiliton*innen für unsere Veränderungsabsichten zu begeistern. Beinahe beiläufig erlebte ich dadurch einen echten Empowerment-Prozess – eine transformierende Lernreise, die meine Arbeit bis heute nachhaltig prägt.
Transformation ist ein Lebensprozess und die Prozedurologie ist, soweit ich Raban richtig verstanden haben, die Wissenschaft, die sich mit diesen Prozessen auseinandersetzt. Deshalb ist unser jährliches Kolloquium ein ‚prozedurologisches‘, in dem es um Praxis und Wissenschaft gleichermaßen geht.
Willst Du auch die Bildung verändern und neue Lernräume schaffen?
Dann bist Du herzlich eingeladen an unserem Kolloquium vom 30.9-1.10.22 teilzunehmen. Die Teilnahme ist kostenlos.
Einzige Bedingung – wie immer – Deine intrinsische Motivation!
Hier kannst du Dich anmelden: https://worldcitizenschools.org/event/transformierende-lehre-civic-leadership-curriculum/
Michael